- Nationalbewegungen in Nordafrika
- Nationalbewegungen in NordafrikaBereits zwischen den Weltkriegen hatte sich in Ägypten eine Nationalbewegung entwickelt. Als Großbritannien die Entsendung einer ägyptischen Abordnung (arabisch wafd) zur Versailler Friedenskonferenz ablehnte, kam es zu Unruhen in ganz Ägypten (»Revolution von 1919«). Geführt von Sad Saghlul, erreichte die Wafd-Partei die Aufhebung des britischen Protektorats über Ägypten (1922); die Briten behielten jedoch militärische Rechte. Mit begrenztem Erfolg forderte sie in den folgenden Jahren die volle Souveränität Ägyptens, verlor jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg, in dem das Land von den Briten wieder wie ein Protektorat behandelt wurde, angesichts von Korruptionsvorwürfen stark an Rückhalt in der Bevölkerung.Insgeheim hatte sich inzwischen eine Organisation »Freie Offiziere« gebildet, die König Faruk stürzte. Ein Revolutionsrat, in dem Gamal Abd el-Nasser immer stärker hervortrat, wurde nunmehr oberstes Organ des Staates. Am 18. Juni 1953 wurde Ägypten Republik. Mit dem Rückzug britischer Streitkräfte aus der Sueskanalzone wurde 1954 der aus den Dreißigerjahren stammende anglo-ägyptische Vertrag gelöst. In der Sueskrise konnte Ägypten trotz militärischer Niederlage die Verstaatlichung des Sueskanals durchsetzen; Nasser entwickelte sich zu einer Integrationsfigur des Panarabismus.Unter algerischen Arbeitern in Frankreich war 1926 der »Nordafrikanische Stern« entstanden. Seit 1929 geführt von Messali Hadj, 1937 in »Algerische Volkspartei« umbenannt, forderte sie die vollständige Unabhängigkeit Algeriens. Nach der blutigen Niederschlagung des Aufstandes von Sétif (1945) gründete Ferhat Abbas die »Demokratische Union des algerischen Manifestes«, die die Gleichberechtigung der arabisch-muslimischen Bevölkerung allerdings innerhalb des französischen Staatsverbandes forderte.Die Verfassung der IV. Republik in Frankreich sah die völlige Integration Algeriens in den französischen Staatsverband vor; die Nationalbewegung radikalisierte sich nun. Bald entstand die »Bewegung für den Triumph Demokratischer Freiheiten« (MTLD). Aus einer militanten Geheimorganisation innerhalb der MTLD ging die Nationale Befreiungsfront (FLN) hervor, die im November 1954 jenen Aufstand auslöste, der zum Algerienkrieg führte und mit dem Vertrag von Eɪvian Algerien 1962 die Unabhängigkeit brachte. Erster Ministerpräsident wurde Mohammed Ben Bella (* 1916), der seit 1949 gegen die französische Herrschaft gekämpft hatte. In einem unblutigen Staatsstreich wurde Ben Bella, der alle Macht im Staat auf sich vereint hatte, 1965 durch Houari Boumedienne gestürzt, der den Aufbau Algeriens in Anlehnung an die Staaten des Ostblocks fortsetzte.In Tunesien hatten vom Großbürgertum getragene Kräfte 1920 die antikoloniale Destur-Partei (arabisch »Verfassung«) gegründet, von der sich 1934 die »Neo-Destur« abspaltete. Geführt von Habib Bourguiba (* 1903, ✝ 2000), erreichte sie nach Unruhen im ganzen Land, dass Frankreich 1956 die Unabhängigkeit Tunesiens anerkennen musste. Burgiba wurde Ministerpräsident und später Staatspräsident auf Lebenszeit.In Marokko wurde die 1937 von der »Marokkanische Aktion« abgespaltete Partei der Unabhängigkeit (arabisch istiqlal) die tragende Kraft der marokkanischen nationalen Bewegung. Sie initiierte landesweite Aufstände und erreichte im Zusammenwirken mit Sultan Mohammed V. 1955/56 die Ablösung des französischen und spanischen Protektorates. Nach dem Tod Mohammeds wurde Hassan II. 1961 König und Ministerpräsident.
Universal-Lexikon. 2012.